Garnisonkirche bis 1945

Folgender Text erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Der historische Abriss über die Garnisonkirche widmet sich dem Hauptzweck der Garnisonkirche, als zentraler Ort des preußischen Militärkirchenwesens.

Wann wurde sie gebaut?

1720 – 1722
Bau der 1. Version der Garnisonkirche als quadratischer Fachwerksbau im Auftrag von König Friedrich Wilhelm I. von Preußen; Abriss derselben aufgrund von Baumängeln. Die Garnisonkirche drohte, in Potsdams Sumpf zu versinken.

1730 – 1735
Bau der 2. Version der Garnisonkirche. Erst wurde das Kirchenschiff gebaut, dann der 88,4 m hohe Turm (im Gegensatz zum heutigen Rekonstruktionsbestreben, erst den Turm zu bauen). Architekt war hier Philipp Gerlach.

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Die Garnisonkirche: Teil des preußischen Militärstaates

Der „Soldatenkönig“ Friedrich Wilhelm I. baute Potsdam zur Garnisonstadt aus und militarisierte das gesellschaftliche Leben. Während 1713 1.500 Zivilpersonen und 556 Militärs in Potsdam lebten, waren es beim Tode Friedrich Wilhelm I. im Jahr 1740 schon 11.708 Zivilisten und 4.294 Militärpersonen (Bamberg 2006).
Die Hof- und Garnisonkirche war ein Teil des Militärstaates. Sie war keine gewöhnliche Kirche, sondern auch immer Bühne für den preußischen Staat. Als Militärkirche war sie in erster Linie ein staatliches Instrument, um auf das religiöse Leben der Soldaten Einfluss zu nehmen und die Religion für den Militärapparat zu nutzen. Neben den etlichen Siegesfeiern nach gewonnenen Kriegen, war die Garnisonkirche auch Bühne für folgende interessante Veranstaltungen:
Am 3. August 1809 fand ein Festgottesdienst aus Anlass des Geburtstages des Königs Friedrich Wilhelm III. statt, bei diesem feierte man auch die Einführung der Steinschen Städteordnung. Bei der Feier nahm zudem der Magistrat der Stadt Potsdam teil. Der Magistrat wurde von einer Stadtverordnetenversammlung ernannt, die von 947 Männern von ca. 17.000 Einwohner*innen gewählt wurde. Vor dem Hintergrund der französischen Revolution nur eine mäßige demokratische Entwicklung.
In der Garnisonkirche verordnete Friedrich Wilhelm III. 1817 die kirchliche Union zwischen lutherischen und reformierten Gemeinden. Infolgedessen kam es zur Verfolgung, Enteignung, Inhaftierung und Vertreibung von Lutheranern, die mit der Zwangsunion nicht übereinstimmten. Viele Lutheraner wanderten auf Grund der Repressalien des preußischen Staates aus.

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Garnisonkirche unter genauester Kontrolle des absolutistischen Königs

Die Garnisonkirche mit über 3000 Sitzplätzen wurde regelmäßig vom König selbst besucht, „er kritisierte die Predigten, wenn er es für richtig hält und begrenzt deren Länge per Edikt“ und betrieb Zensur. Selbst Gottesdienste, Hochzeiten, Begräbnisse und Kindstaufen wurden vom Soldatenkönig per Reglement im Ablauf bestimmt (Bamberg 2006).

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Garnisonkirche und Militärseelsorge für die reibungslos funktionierende „Heeresmaschine“

„Der König weiß, dass seine Armee auch eine ‚innere Führung‘ braucht, dass die Moral der Truppe, die zum großen Teil aus Fremden unter Fremden, aus Heimatlosen und Entwurzelten besteht, anfällig ist und dass der Eid, den der Soldat auf ihn leistet, wenig wert ist, wenn nicht dahinter eine Moral steht. Die kann ihm nur in der Kirche und vom Feldprediger vermittelt werden.“ (Bamberg 2006)

Die Hauptlast des Militärdienstes trugen Bauern, die durch Zwangseinberufung nicht freiwillig ihren lebenslangen Dienst ableisteten. Der Militärdienst war verbunden mit teils drakonischen Strafen.

„Der mißhandelte Soldat schwankte zwischen Verzweiflung, Furcht vor der Fuchtel und Selbstmordgedanken hin und her; oft nahm er sich wirklich das Leben. Von da aus wird verständlich, dass der Militärdienst bei den Soldaten gehasst, gefürchtet war und sogar Gerichtsverhandlungen als Strafvollzugsmittel benutzt werden konnte.(…)
Das militärische Leitbild des Absolutismus war das eines reibungslos, mit mathematischer Genauigkeit funktionierender Mechanismus. (…) Dazu sollten alle subjektiven Momente beim Soldaten ausgeschaltet werden.
Von da aus lässt sich die Aufgabe der Militärseelsorge bestimmen, die im absolutistischen Staat und speziell in seinem Herr dem Christentum zukam: ‚Der absolute Staat braucht das Christentum und die christliche Gottesverehrung… Hilft sie doch mit, die innere Ordnung aufrecht zu halten und den Menschen den Gehorsam gegenüber Befehlen der Fürsten als göttliches Gebot einzuprägen‘.
Eine in solcher Weise zweckbestimmte Religion zu verbreiten, war die Aufgabe der Feldprediger im Heerwesen des Absolutismus. So wurde die Religion eingesetzt als ‚Mittel zur Überwindung der Todesfurcht‘ oder umgekehrt zur Vermeidung der (…) zunehmenden Desertion, um die Furcht vor der ewigen Strafe zu wecken für den Fall, dass die Furcht vor dem irdischen Richter sich verloren hatte.“ (Rudolph 1973)

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Nutzung der Garnisonkirche als Machtsymbol

Die Garnisonkirche diente als Ausstellungshalle, im Altarraum wurden die erbeuteten Trophäen präsentiert, um vor Ort militärische Stärke und den Herrschaftsanspruch Preußens zu demonstrieren. Gezeigt wurden Fahnen und Standarten aus siegreichen Kampfhandlungen: Aus den Napoleonischen Kriegen, aus dem deutsch-dänischen Krieg 1864, aus dem Preußisch-österreichischen Krieg 1866 und dem deutsch-französischen Krieg 1870/71.
In der Garnisonkirche wurden die großen Siegesfeiern, beispielsweise nach dem erfolgreichen Dänenfeldzug 1864 gefeiert. Mit dem Glockengeläut der Garnisonkirche wurden Soldaten auf das Schlachtfeld der Ehre geschickt. Die Garnisonkirche wurde aber auch zu einem Ort, an dem der gefallenen Helden des Vaterlands gedacht wurde.

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Nutzung der Garnisonkirche zur „geistlichen Mobilmachung“ während des 1. Weltkriegs

Zu Beginn des 1. Weltkrieges fanden in der Garnisonkirche Gottesdienste statt, in denen die in den Krieg ziehenden Truppen gesegnet wurden.

Bekanntlich wurden „Kriegspredigten“ zum eigentlichen Medium protestantischer Teilnahme am 1. Weltkrieg, in der Zeitschrift Ossietzky ist von einer „Sintflut“ von Kriegspredigten die Rede. An einigen Beispielen wird der Inhalt von Kriegspredigten auf den Punkt gebracht, die Otto Dibelius während des 1. Weltkriegs gehalten hat. Dibelius hielt später zur Eröffnung des Reichstags eine Festpredigt in der Nikolaikirche, in der er den Machtantritt Hitlers begrüßte.
Quelle:
http://www.sopos.org/aufsaetze/5301efbebab32/1.phtml

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Die Garnisonkirche als Wallfahrtsort für reaktionäre und antidemokratische Organisationen

Während der Weimarer Republik bot die Garnisonkirche antidemokratischen, national-konservativen und militaristischen Organisationen eine Bühne für öffentliche Veranstaltungen. Themen waren die Revision der Ergebnisse des 1. Weltkriegs, die Wiedereinführung der Monarchie, Bildung eines Großdeutschen Reiches als Führerstaat und die Verächtlichmachung der Republik mit dem Ziel ihrer Beseitigung.

Auszug einiger Veranstaltungen:

24.11.1919: Kundgebung der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP) mit Erich von Ludendorff; Themen: Wiedereinführung der Monarchie, Forderung nach einem neuen Krieg.

18.01.1921: Kundgebung der DNVP mit Hofprediger Johannes Vogel; Themen: Verächtlichmachung der Weimarer Republik, antisemitische Verschwörungstheorien.

01.03.1925: Heldengedenkfeier des Reichskriegerbunds; Themen: Propagieren eines neuen Krieges, Streben nach Weltherrschaft.

13.06.1926: Kundgebung des Deutschen Ostbundes; Themen: Kulturüberlegenheit der Deutschen über die Slawen, Forderung nach Zerschlagung
des polnischen Staates

07.05.1927: Kundgebung: Stahlhelm Bund deutscher Frontsoldaten; Themen: Forderungen hinsichtlich der Eroberung neuer Lebensräume und der Errichtung eines Führerstaates.

14.06.1928: Kundgebung Deutscher Offiziersbund; Thema: Hetze gegen „volksfremde Elemente“ in Film, Theater und Presse.

06.08.1928: Kundgebung Bund deutscher Marine Vereine; Themen: Forderung nach Aufbau einer starken deutschen Marine und die Rückeroberung der ehemaligen deutschen Kolonien.

22.06.1930: Kundgebung der Bismarckjugend der Deutschnationalen Volkspartei; Themen: Forderung eines Großdeutschen Reichs samt Österreich und den Sudetengebieten.

04.04.1932: NSDAP Aufmarsch in Absprache mit der Gemeinde bei dem die Garnisonkirche von SA- Männern festlich illuminiert wurde.

06.03.1933: Beschluss des Gemeindekirchenrates der Zivilgemeinde der Garnisonkirche zum „Tag von Potsdam“, Die Nutzung der Garnisonkirche für den „Tag von Potsdam“ wird „wärmstens begrüßt.“

21.03.1933: Staatsakt, mit dem das am 5. März 1933 gewählte Parlament feierlich eröffnet wurde.Hindenburg und Hitler besiegeln hier öffentlich das Bündnis zwischen Nationalsozialisten und Deutschnationalen.

29.08.1933: Fahnenweihe der NSDAP

16.09.1933: „Tag des Staatsrates“

29.10.1933: Fahnenweihe der NS-Betriebszellenorganisation

26.11.1933: Totenfeier der NSDAP

24.01.1934: Kundgebung des Reichsarbeitsdienstes (Morgens)

24.01.1934: Fahnenweihe der Hitlerjugend (Abends)

24.01.1935: Fahnenweihe der NS- Kriegsopferversorgung

20.06.1936: Gautag der NSDAP

24.01.1939: Fahnenweihe der Hitlerjugend

23.06.1939: Feier zum Gautag der NSDAP

19.04.1942: Feier der NS-Volksfürsorge

27.11.1942: Feierstunde der Hitlerjugend

17.08.1943: Feierstunde der „Deutschen Arbeitsfront“

06.02.1944: „Ewiges Deutschland“ – Feier der NSDAP

12.11.1944: Heldengedenkfeier der NSDAP

05.12.1944: „Leuthen – Sieg des Glaubens“ – Feier zur Schlacht von Leuthen

(Quelle für die Tabelle u.a.:
http://www.bv-opfer-ns-militaerjustiz.de/uploads/Dateien/Presseberichte/FAZ20141029.pdf)

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Zerstörung der Garnisonkirche bis zur Ruine

In der Nacht vom 14. zum 15. April 1945 erreichte die Royal Air Force Potsdam. Während der Potsdamer Hauptbahnhof das Hauptziel war, wurde zudem die Innenstadt von Bomben getroffen. Als Folge der Bombardierung loderte ein Feuer im Langen Stall, das auf das Dach der Garnisonkirche übergriff. Bei der Explosion eines Blindgängers wurde das Kirchenschiff zerstört. Die obere Turmhälfte stürzte ein und riss das Glockenspiel mit sich. Die Kirche brannte aus, die Umfassungsmauern des Kirchenschiffs und der Turmrumpf blieben stehen.

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Literatur:
Bamberg, Ludwig (2006): Die Potsdamer Garnisonkirche: Baugeschichte – Ausstattung – Bedeutung.

Rudolph, Hartmut (1973): Das evangelische Militärkirchenwesen in Preussen