…gegen den Wiederaufbau der Garnisonkirche
1. Unsichere Finanzierung: zu großes Risiko für unsere Stadt
In den letzten fünfzen Jahren ist es nicht ansatzweise gelungen, die nötigen Spenden für den Aufbau des Turms oder gar die 100 Millionen Euro für die gesamte Kirche zusammenzubringen. Die Garnisonkirchenstiftung forciert mit ihrem Baustart eine riesige Potsdamer Bauruine mit unabsehbaren Folgekosten für die Öffentlichkeit.
2. Keine Steuergelder für eine 100 Mio. Militärkirche
Überall – selbst bei Sanierungsvorhaben in Brandenburger Kirchen – fehlt Geld. Es ist nicht nachzuvollziehen, warum eine gigantische Kirchenkopie, die keine*r braucht und nur wenige haben wollen, mit Steuergeldern – u.a. 12,4 Mio. aus nationalen Denkmalschutzgeldern – finanziert werden soll.
3. Garnisonkirchenkopie ohne Nutzen
Die zukünftige Kirche wird keine Ortsgemeinde beherbergen, da es keinen Bedarf für eine neue Gemeinde in der Innenstadt gibt. Potsdam hat ausreichend touristische Attraktionen. Wegen einer Garnisonkirchenkopie werden nicht mehr Tourist*innen kommen. Viel eher werden die Tourist*innen von der mangelnden Echtheit des Stadtbildes irritiert sein.
4. Moderne Kirchen benötigen keine militaristische Symbolik
Eine wiederaufgebaute Garnisonkirche wäre über und über mit Soldatenfiguren und Waffen „geschmückt“. In der alten Garnisonkirche wurden Soldaten für die preußischen Eroberungskriege gesegnet und wurden Beutestücke und Fahnen der besiegten Mächte ausgestellt. Am selben Ort sollen erneut militärische Institutionen wirken. Dies bezeugen eine Großspende der Militärseelsorge der Bundeswehr, weiterhin tätige ehemalige Militärs in der Fördergesellschaft Garnisonkirche und eine Veranstaltung der Garnisonkirchenstiftung mit dem ehem. Verteidigungsminister De Maiziere zur Rechtfertigung von Militäreinsätzen im Ausland.
5. Mahnzeichen: JA. Wiederaufbau: NEIN
Der Geist der Garnisonkirche steht für Großmacht, Krieg und Unterdrückung. Der Generalsekretär des Zentralrats der Juden, Stephan J. Kramer, sieht die Garnisonkirchenkopie als “nicht nur für die jüdische Gemeinschaft äußerst negativ-symbolträchtig”. Der Bürgerrechtler und Theologe Friedrich Schorlemmer postulierte: “Diese Kirche war kein Friedenssymbol und kann durch aufwendigen Wiederaufbau keins werden.” Gleichwohl kann in der Breiten Straße eine Auseinandersetzung mit der Vergangenheit geschehen. Zum Nachdenken über die Funktion und die Zerstörung der Garnisonkirche kann eine Gestaltung des Ortes in zeitgemäßer Formensprache beitragen.
6. Keine Höhendominante für Alt- und Neonazis
Die Wiederaufbaubemühungen haben ihre Wurzeln bei als rechtsextrem eingestuften ehemaligen Militärs. Diese warben bislang die meisten Gelder für die Garnisonkirchenkopie ein. International gilt die Garnisonkirche vielfach als Geburtsstätte des Dritten Reiches, da am “Tag von Potsdam” 1933 der Schulterschluss von Nationalkonservativen, Monarchisten und Nationalsozialisten stattfand. Die NPD hat sich öffentlich für den Wiederaufbau eingesetzt. Die AfD befürwortet den Wiederaufbau in ihrem Wahlprogramm zur Brandenburger Landtagswahl, sie und ihre Anhänger*innen feiern das Projekt auch im Netz. Mit Ihren 88m Höhe würde die Kirchenkopie alle Gebäude der Innenstadt deutlich überragen. Zum Vergleich: Das Hotel Mercure ist gerade 54m hoch. Damit würde das Gebäude das neue Wahrzeichen der Stadt werden und als negativer Symbolbau Potsdams zukünftiges Stadtbild prägen.
7. Reale öffentliche Zuwendungen an verfassungswidriges Stiftungskonstrukt
Obwohl die Stadt Teil der von der Kirche beaufsichtigten Stiftung Garnisonkirche ist, hat sie dort letztlich kein Entscheidungsrecht. Die staatlichen Interessen müssen sich in der kirchlichen Stiftung unterordnen. Dieses Konstrukt verstößt aber gegen das Neutralitäts-und Paritätsgebot in Art.140 des Grundgesetzes. Wie u.a. der Staatsrechtler Dr. Thomas Heinrichs herausstellte, sind Staat und Kirche seit der Weimarer Republik institutionell strikt zu trennen. Durch die Grundstücksschenkung und die großen Finanzhilfen vom Land Brandenburg wurden schon mehrere Mio. Euro öffentlichen Geldes eingesetzt. Und auch in Zukunft will Potsdam – zum Beispiel für den Abriss des Rechenzentrums – noch Geld für die Errichtung der Kirchenkopie ausgeben.
8. Historisierte Potsdamer Mitte: weder nachhaltig noch sozial
Das Wiederaufbauprojekt ist Teil einer Umgestaltung der Innenstadt zu einem Freilichtmuseum, bei der bewusst die Verwechslung von Original und Nachbildung in Kauf genommen wird. Es wäre nur eine Frage der Zeit, bis die Wohnbebauung an der Neustädter Havelbucht und die Studierendenwohnheime neben der Kirchenkopie als Störfaktor im historisierten Stadtbild wahrgenommen würden. Der dann folgende Ruf nach ihrer Entfernung wäre eine weitere Maßnahme zur Vernichtung von Wohn- und Lebensraum in der Potsdamer Mitte, den sich auch Normalverdiener*innen leisten können.